19.05. – 09.06.2015 // Stop-Motion, Daumenkino und ratternde Filmprojektoren: Die von Tobias Dostal erdachten und konstruierten Filmapparate transformieren den Ausstellungsraum zu einem Kabinett filmischer Attraktionen. Seine Arbeiten nehmen Bezug auf die frühen Jahre des Kinos, in denen Filme als Programm-Nummern im Varieté oder als magisches Phänomen auf Jahrmärkten gezeigt wurden, um das Publikum zu unterhalten. Neben der Begeisterung für analoge Vorführtechniken zeugen Dostals filmische Arbeiten von der Faszination für die ersten Experimente mit der optischen Illusion im Film. “Illusion”, lateinisch für illudere (täuschen) bzw. ludere (spielen), deutet bereits an, wie sehr die Kunst der optischen Täuschung und das Spiel mit der Erwartungshaltung des Publikums miteinander verbunden sind. Dostal ist Künstler und Illusionist und kombiniert beide Elemente in seinen Werken. In diesem Sinne sind Dostals Filmapparaturen als spielerische und humorvolle Hommage an das Werk des Filmemachers Georges Méliès zu verstehen. Dieser schrieb als Illusionist Filmgeschichte. Durch Tricktechniken wie Doppelbelichtung, Stop-Action oder Stop-Motion erzielte er bisher nicht gekannte Spezialeffekte im Film und täuschte so die Zuschauer_innen.
Der KUNSTRAUM 53 zeigt eine Auswahl von Dostals Arbeiten.
„Zwei Sphinx“ (2012): Zwei Projektoren stehen sich im Raum gegenüber. Dort, wo sich ihre Lichtkegel treffen, geben sie das Rätsel ihrer Technik Preis: ein bewegtes Bild erscheint. Als Projektionsfläche dienen vier rotierende Vogelfedern, die an einer Stange zwischen den Projektoren befestigt sind. Die Arbeit nimmt Bezug auf die zwei Sphinxen aus der „Unendlichen Geschichte“ von Michael Ende, dessen Filmadaption noch ohne computergenerierte Effekte auskommen musste und daher mit aufwendiger analoger Tricktechnik realisiert wurde.
Die Arbeit “Blockbuster II” (2014) macht den Film-Apparat begehbar. Ein durchschreitbarer Holzrahmen dient als Präsentationsfläche für zwölf 16-mm Filmrollen, die durch einen Motor betrieben werden. Durch ein Stroboskoplicht beleuchtet, setzen sich die einzelnen Bilder zu einem Bewegungsablauf zusammen.
Die Installation “Kinora” (2012) besteht aus zwei Stühlen und einem runden Tisch, auf dem ein Daumenkino installiert ist. Hier wird der Besucher in die Szenografie eingebunden, indem er den Motor des Daumenkinos am Tisch sitzend bedient.
Dostals Trickfilme und seine analogen Filmapparaturen erzeugen eine Bildhaftigkeit, die im Kontrast zur visuell glatten Bildästhetik digitaler Technologien steht. Die durch Spuren des Gebrauchs gekennzeichneten 16-mm Filme, die Einbeziehung technischer Störungen und das Geräusch der Filmspulen und Projektoren erzeugen eine anachronistische Ästhetik, die vertraute Eindrücke vermittelt, doch gleichzeitig in ihrer künstlerischen Bildsprache rätselhaft bleiben. Ein atmosphärisch dichter Raum entsteht, in dem sich Zwänge konventioneller Aufführungssituationen auflösen und andere Rezeptionsweisen ermöglichen: Während die Apparatur dem/der Betrachter_in im Kinosaal im Moment des Schauens verborgen bleibt und der Ursprung der Bilder hinter seinem Rücken verschwindet, präsentiert der Künstler die Filmtechnik als greifbares Gegenüber. Der/die Besucher kann im Ausstellungsraum zwischen den Projektionsmaschinen umherwandeln, nah an die Apparaturen herantreten und in einigen Fällen sogar seinen Körper als Projektionsfläche einsetzen. Die analoge Maschine wird hinter keiner Hülle verborgen, sondern zeigt ihre Beschaffenheit als Mischung aus Low-Tech und ausgeklügelter Mechanik. Während die digitale Filmtechnik in ihrer Medialität kaum mehr wahrnehmbar ist und sich die Schnittstellen zwischen Mensch und technischen Apparaten auflösen, steht die Faszination für die Materialität des Mediums, das sich “Ohne Filter” präsentiert, im Mittelpunkt von Dostals Arbeiten.
Bilder von der Eröffnung am 19.05.2015