14.02. – 15.02.2015 // Gestern und Morgen. Visionen für die Wollenweberstraße – Ausstellung zum Projekt // kuratiert von Günther Friesinger und Master-Studierenden des Studiengangs Inszenierung der Künste und der Medien, Uni Hildesheim

In Rückgriff auf den von Henri Lefèbvre (1968) formulierten Anspruch auf die Teilhabe der städtischen Bewohner_innen an ihrer Stadt formierten sich in den letzten Jahren unterschiedlichste Protestbewegungen – von Sexarbeiter_innen in Madrid, die sich gegen Vertreibung aus ihrem Viertel wehrten bis hin zu Künstler_innen in Hamburg, die durch Hausbesetzungen im „Gängeviertel“ Investorenpläne durchkreuzten. Die Recht auf Stadt-Kampagne funktioniert als Forderung, über die sich Bürger_innen verschiedener politischer, sozio-ökonomischer und kultureller Hintergründe in der Verteilungsgerechtigkeits-Debatte der Stadt mobilisierten. Bei der Besetzung öffentlicher Räume durch Recht auf Stadt-Bewegungen waren Örtlichkeiten politischer und gesellschaftlicher Diskurse, wie dies Museen sind, jedoch wenig relevant.

In Analogie zu diesen jüngsten urbanen Protestbewegungen untersuchen Master-Studierende des Hildesheimer Studiengangs Inszenierung der Künste und der Medien gemeinsam mit Günther Friesinger / monochrom Wien, wie das bislang nicht erhobene Recht auf Museum künstlerisch artikuliert und die Verhandlung von Museen und ihren Öffentlichkeiten befördert werden kann. Oder anders, praxisbezogen formuliert: Wie können künstlerische Methoden die Einbeziehung heterogener Publikumsschichten ermöglichen und Bewohner_innen dazu ermächtigen, aktiv an ihrer Stadt und ihrem Museum mitzuarbeiten – und damit selbst Kuratoren des Alltags zu werden?

Unter Einbezug des KUNSTRAUM 53 und des benachbarten Leerstands, dem ehemaligen „Waffenstein“, stellten die Studierenden Geschichte, Gegenwart und Zukunftsvisionen der Hildesheimer Neustadt einander gegenüber und inszenierten so einen fordernden und hoffnungsvollen, kreativen Anstoß für den Umgang mit vermeindlich „toten Winkeln“.

Im KUNSTRAUM 53 zeigten sich Vergangenheit, Gegenwart und auch Zukunft: Audiokommentare von Anwohner_innen haben bildreich das Interieur der Läden beschrieben, die einmal in der Wollenweberstraße 53 beheimatet waren. Auf einem niedrigen Podest versammelten sich, gehäuft, die Fundstücke aus jenen Tagen, die das KUNSTRAUM 53-Team beim Einzug im Mai 2014 entdeckt hatte: ehemalige Gebrauchsobjekte, nunmehr historisch und teils zuordnungs- und scheinbar sinnlos. Ein Kartenausschnitt der Neustadt Hildesheims zeigte die gegenwärtigen Leerstände auf und auf einem Tisch zeigten Broschüren und Kataloge, was bis heute im Raum und der Neustadt geschafft und initiiert wurde.

Im benachbarten „Waffenstein“ trafen die Zukunftsvisionen der Studierenden und Bürger_innen auf den Audiokommentar zur Geschichte des Ladens. Den Wunsch nach einem Co-Working-Space / Nachbarschafts-Café  nagelten die Studierenden wortwörtlich an die Wand (und in den Boden): Fadenzeichnungen zeigten, wo Tisch, Couch, Bar oder Topfpflanze sein könnten, wenn… Auf papiernen A4-Grundrissen wurden die Besucher_innen zur Partizipation und aktiven Unterbreitung ihrer Wünsche und Vorstellungen für das Ladenlokal eingeladen.