Und wenn sie nicht ___, dann ___: Von Mythen, Narrativen und Konsequenzen

Der KUNSTRAUM 53 stellt jedes Jahr sein Programm unter ein bestimmtes Thema, das in den verschiedenen Ausstellungen und Veranstaltungen verhandelt wird. Für das Jahr 2025 lautet das Jahresprogramm Und wenn sie nicht __, dann __: Von Mythen, Narrativen und Konsequenzen.

Viele sind mit dem Satz Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute aus der Kindheit vertraut. Das fast offene Ende suggeriert eine Kontinuität der Geschichte, die der Fantasie der Zuhörenden unterliegt. Genauso vertraut wie offen ist der zeitlich-diffuse Anfang Es war einmal. Beide Sätze sind mehr als eine beinahe obligatorische Rahmung: Sie stehen stellvertretend für die Narrative der Märchen, die nicht nur der Unterhaltung dienen, sondern oftmals Werte und Lehren vermitteln sollen.
In Märchen finden sich auch Fabelwesen und fantastische Vorkommnisse, von denen manche ihren Ursprung in Phänomenen haben, die die Menschen damals nicht erklären konnten. Mythen ziehen sich durch die Geschichte der Menschheit. Sie dienen dazu, die Welt zu erklären und einfach greifbar zu machen, selbst wenn ihr Wahrheitsgehalt nicht gesichert ist. Auch heute haben Erzählungen, die nicht auf Empirie und Faktenbasis beruhen, große Reichweite und Wirkmacht, zum Beispiel in Form von Verschwörungstheorien. Sie finden sich in extremistischen Strukturen und bilden den Nährboden für nationalistische, rassistische und gewaltvolle Fantasien.

Narrative unserer Gesellschaft verändern sich. Durch postkoloniale, feministische, queere und antirassistische Diskurse werden die Narrative, die bisher die Historie unserer Gesellschaft sowie die Gesellschaft selbst geprägt haben, hinterfragt. Das Narrativ, Deutschland hätte sich nach dem zweiten Weltkrieg selbst wieder aufgebaut, wird durch Nachfahren der Gastarbeiter*innen dekonstruiert. Queere Diskurse fordern die heteronormative Geschlechterordnung heraus und zeigen auf, dass Queerness schon immer Teil der Gesellschaft war. Feministische Diskurse decken zudem Errungenschaften und Arbeiten von Frauen auf, die bisher fälschlicherweise Männern zugeschrieben wurden und die bislang keine Sichtbarkeit erhalten haben.

Mythen und Narrative haben reale Konsequenzen, gesellschaftlich wie für das Individuum. Beispielsweise der Mythos der unendlichen Verfügbarkeit von Ressourcen unseres Planeten und die Narrative rund um Kapitalismus vom industriellen Fortschritt zum Wohlstand aller, stehen den spürbaren Konsequenzen der Klimakatastrophe gegenüber.

Mit dem Jahresprogramm Und wenn sie nicht ___ dann ___: Von Mythen, Narrativen und Konsequenzen möchten wir diesen Themenkomplexen einen Raum geben und eine kritische Auseinandersetzung anregen. Durch das Rekonstruieren des bekannten Satzes bieten wir einen roten Faden durch das Jahresprogramms und möchten Künstler*innen dazu einladen, auf dessen Basis Ausstellungen zu konzipieren und Kunstwerke zu zeigen. Die unterschiedlichen Begriffe des Titels sollen hierbei als Schwerpunkt der Auseinandersetzung dienen. Wir lassen die Begriffe dabei bewusst weit, um ein breites Spektrum der Auseinandersetzung zu ermöglichen und vielschichtige Verbindungen, Knotenpunkte und Zusammenhänge zu schaffen.


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